In einem Wald bei Kallnach liegen bedeutende Zeugen der Vergangenheit: Grabhügel, die über 2500 Jahre alt sind. Die Umgebung wird jetzt durch den Archäologischen Dienst des Kantons Bern eingehend untersucht. Den Strom liefert ein Hybridcontainer von Bimex.

Auf einer Anhöhe südlich von Kallnach erstreckt sich der Challnechwald. Ein grosser Teil davon ist archäologisches Schutzgebiet. Im 19. Jahrhundert entdeckte man dort mehrere Grabhügel – ein Friedhof für die Oberschicht. Angelegt wurden die Hügel in der älteren Eisenzeit, also zwischen 800 und 450 vor Christus.

Rettungsgrabungen wegen Kiesabbau

Seit einigen Jahren steht der Challnechwald erneut im Fokus, denn im Untergrund lagern grosse Kiesvorkommen. Das geschätzte Volumen von 3,1 Millionen Kubikmetern sichert die langfristige Rohstoffversorgung der Region Biel-West. Aus diesem Grund entschied der Kanton Bern, den Kiesabbau trotz Schutzzone zu bewilligen. Bevor jedoch der Abbau starten kann, wird das Gelände durch den Archäologischen Dienst des Kantons genau unter die Lupe genommen. Im Mai 2019 haben umfangreiche Rettungsgrabungen begonnen. Rettungsgrabungen sind der Modus Operandi des Archäologischen Dienstes: Er tritt dort auf den Plan, wo archäologische Denkmäler bedroht sind oder einer wichtigen Geländenutzung Platz machen müssen. Solchen Grabungen verdanken wir einen erheblichen Teils des Wissens über unser Land.

Mehrjähriges Projekt

Der Archäologische Dienst begleitete schon das Planungs- und Bewilligungsverfahren für den Kiesabbau. Man analysierte die Erdoberfläche aus der Luft mittels LiDAR, einem Messverfahren, das topografische Merkmale sichtbar macht, und man legte Sondierungsgräben an. Die Vorabklärungen zeigten bisher unbekannte Objekte: weitere Hügel, ein Grabensystem, Überreste alter Wege, ebenso Spuren von Ackerterrassen – im Seeland befanden sich Äcker früher auf Anhöhen, weil die flachen Gebiete sumpfig waren. Den bekannten und neu entdeckten Objekten wollen die Archäologen nun auf den Grund gehen. «Wir rechnen damit, dass wir sechs Jahre im Wald arbeiten», sagt der technische Projektleiter und Grabungstechniker Pascal Zaugg.

Strom vorab aus Solarzellen

Die Schutzzone im Challnechwald liegt weitab vom Stromnetz. Bimex erhielt nach einer Ausschreibung den Auftrag, eine autarke Energieversorgung bereitzustellen. Bimex-Geschäftsleiter Beat Müller: «Die Archäologen benötigen zwischen 5 und 30 kW elektrische Energie.» Gebraucht wird der Strom für die Bürocontainer – für Computer, Licht, Heizung oder Kaffeemaschine –, aber auch im Freien für Arbeitslampen und Staubsauger. «Ziel war es, den Strombedarf vor allem mit Solarzellen abzudecken.»

Geringer ökologischer Fussabdruck

Die Lösung heisst Hybridcontainer. In einem Container arbeiten ein Batterie-Pack und ein superschallisoliertes Notstromaggregat von Himoinsa. Die Batterien sind gekoppelt mit Solarmodulen, die auf dem Hybridcontainer und auf den Bürocontainern montiert sind. Die Solarmodule puffern die Last zusammen mit den Batterien derart, dass nur wenig Diesel gebraucht wird. Im Sommer muss das Dieselaggregat im Schnitt voraussichtlich nur 10 bis 20 Minuten pro 24 Stunden laufen. Im Winter dürften es ein bis zwei Stunden sein, schätzt Beat Müller. «Dank dem Hybridcontainer mit grosszügig ausgelegten Solarpanels sparen wir Tausende von Litern Brennstoff.» Der intelligente Speicher liefert immer gerade so viel Strom wie nötig. Es verpufft keine Energie ungenutzt. «Es ist schön, dass wir mit dieser Lösung den ökologischen Fussabdruck des Projekts positiv beeinflussen können.»

Kundenspezifisicher Container

Der Container wurde von Bimex konstruiert und zusammengebaut. Er ist wetterfest, thermisch isoliert und schützt die Aggregate vor Vandalismus. Die eintretende Kühlluft wird staubgefiltert. Die Bedienung des Systems ist auch für Laien kein Problem. Die Anlage erledigt ihre Aufgabe von alleine, ohne dass jemand sie ein- oder ausschalten muss. Der Archäologische Dienst betankt lediglich von Zeit zu Zeit das Dieselaggregat. Wird Strom für Aussenarbeiten gebraucht, zum Beispiel für Staubsauger, lassen sich Geräte kinderleicht andocken. Bimex übernimmt die Vollwartung und überwacht die Anlage mittels Fernkontrolle via PC und Smartphone. Aus der Distanz lassen sich zum Beispiel Monatsstatistiken abfragen – etwa über die Aggregatelaufzeit oder über die Ladung der Solarzellen.

Strom erspart nicht die Knochenarbeit

Trotz Strom: Vieles in der Archäologie ist immer noch rustikale Arbeit, sehr anstrengende mitunter. Pascal Zaugg und die wissenschaftliche Projektleiterin knien höchstpersönlich an einem heissen Junitag auf dem Waldboden und schaufeln Erde: «Die erste Bodenschicht ist hier nach der Rodung des Waldstücks mit einem Kleinbagger grob abgetragen worden, jetzt reinigen wir die Fläche von Hand für die eigentlichen Untersuchungen», erklärt Pascal Zaugg. Eine Geoarchäologin sitzt in einem Sondierungsgraben und analysiert Bodenschichten. Gleich daneben, unter einem grossen Zelt, wird der erste Grabhügel freigelegt. Sein Durchmesser: geschätzte 20 Meter.

Den Geheimnissen der Hügel auf der Spur

Der Grabhügel im Zelt gehört zu jenen vier Hügeln, die bereits in den 1870er-Jahren zumindest teilweise freigelegt und wieder zugeschüttet wurden. Viele Fragen sind jedoch offen geblieben. So ist die Architektur der Hügels nicht im Detail verifiziert. Zwar legen Skizzen und andere Funde nahe, dass es sich bei den Hügeln im Challnechwald um aufgeschüttete Erde handelt, in deren Mitte eine durch Steine oder durch eine Holzkonstruktion geschützte Grabkammer liegt. Abschliessende Gewissheit über den Aufbau hat man jedoch nicht. Aus Sicht der Archäologie lohnt es sich darum, die Hügel mit neuen wissenschaftlichen Methoden nochmals anzusehen. Aufschlussreich könnten auch einzelne Funde sein: Würde man zum Beispiel Essensreste als Grabbeigaben finden, wären Rückschlüsse auf die damalige Ernährung möglich. Aus Skeletten könnte man etwaige Krankheiten herauslesen. Übrigens: Als die Grabhügel bei Kallnach gebaut wurden, existierte dort vermutlich kein Wald. «Wir gehen davon aus, dass die Hügel weitherum sichtbar sein sollten.»

Grossflächige Arbeiten

«Uns interessiert auch die nähere Umgebung der Grabhügel», sagt Pascal Zaugg. In Europa ist es seit rund 20 bis 30 Jahren archäologische Praxis, nicht nur die Hügel auszugraben, sondern auch nach Spuren menschlicher Aktivität neben den Hügeln zu suchen. Davon erhofft man sich Aufschluss zu Fragen wie: Gab es Nachbestattungen, waren also die Grabhügel sichtbarer Teil einer grösseren Nekropole? Existierten Zugangswege oder andere Konstruktionen? Wo war die Siedlung? Lässt sich die Entstehungszeit der Hügel genauer zuweisen? Die erste Untersuchungsetappe im Challnechwald umfasst eine Fläche von 7000 Quadratmetern. Geplant sind weitere 13’000 Quadratmeter. Das Kernteam des Projekts besteht derzeit aus fünf Personen. «Wir beginnen mit wenig Leuten, tasten uns ans Gelände heran, bei Bedarf können wir das Team verstärken.»

Information des Publikums

Im Rahmen der Rettungsgrabungen dokumentiert der Archäologische Dienst alle Ergebnisse. Fundstücke wie Keramik, Schmuck, Waffen oder Bestandteile von Kleidern kommen ins Fundlabor. Dort werden sie gewaschen, registriert und eventuell restauriert. Danach lagern sie im Archiv oder werden an Museen ausgeliehen. Doch bis es soweit ist, wartet viel Arbeit. Sobald handfeste Ergebnisse vorliegen, möchten die Archäologen im Challnechwald Publikumsführungen anbieten. «Wir arbeiten für die Öffentlichkeit», sagt Pascal Zaugg. «Deshalb haben die Leute ein Recht auf Information.» Auskunft über die Grabungsfortschritte gibt zudem die Website des Archäologischen Dienstes.

Hybridcontainer: lange Lebensdauer

Was geschieht nach dem Projekt mit dem Hybridcontainer? «Der Archäologische Dienst hat das System gemietet», sagt Beat Müller. Je nach Bedarf nimmt Bimex den Container wieder zurück oder die Archäologen können ihn anderswo weiterverwenden. Das System ist auf lange Funktionsdauer ausgelegt. «Nach einigen Jahren werden wir die Batterien  austauschen, ansonsten rechnen wir mit einer Lebensdauer des Systems von mindestens 20 Jahren.» Für Beat Müller ist der Container im Challnechwald ein weiterer Schritt hin zu einer neuen Art der dezentralen Stromversorgung. «Wo immer es möglich und sinnvoll ist, setzen wir künftig zunehmend auf hybride Lösungen.»